Themen der aktuellen Ausgabe
Bosse
„Alle haben Hoffnung“
Bosse über all die Träume und sein eigenes, traumloses Glücklichsein.
von Thomas König
Antje Schomaker
Köstlich, köstlich!
Pop mit Nährwert: Antje Schomaker serviert uns mehr als nur Snacks.
von Christian K. L. Fischer
Die Zöllner
Fluchthelfer und Versöhner
Mit dem Album „Portugal“ reisen Die Zöllner polarisierend in die Utopie.
von Torsten Wahl
Westernhagen
Der Prinz
Feiern wir einen der ganz Großen: Westernhagen wird 75.
von Gerd Dehnel
Am 6. Dezember 1948 wird Marius Müller-Westernhagen in Düsseldorf geboren.
Mit über zwölf Millionen verkauften Tonträgern zählt er zu den kommerziell
erfolgreichsten Rockmusikern Deutschlands – und mit Filmen wie
„Theo gegen den Rest der Welt“ lockte er auch Millionen ins Kino.
Einmal gab es richtig Stress wegen eines Songs von Marius Müller-Westernhagen, wegen „Gerti aus der DDR“. Eigentlich hieß der „Von drüben“, aber das war uns nicht so klar. Die Provokation, die drinnen steckte, freilich schon. Schließlich ging es um Musiker, die aus dem Osten in den Westen gegangen waren. Und davon gab es viele. Die Frechheit, 1981 auf einer DDR-Disco abgespielt, führte zur unmissverständlichen Ansage durch die zuständigen Kulturverweser: Noch ein so‘n Ding und die DJ-Lizenz ist weg. Für immer. Weitermachen auf Bewährung und unter genauer Beobachtung.
Dabei stand Westernhagen, genauer auf den Text gehört, gleich in zwei Fettnäpfchen. Er machte sich keineswegs nur lustig über den sozialistischen Nachbarn, dem die Künstler in Scharen wegliefen – sondern auch über die Neuankömmlinge selbst, die angeblich bloß endlich die richtige Mark machen wollten, Preise abräumen und Biermann besuchen. Damit es auch richtig zündet, wurde in der letzten Textzeile schön gesächselt.
Solche Ambivalenzen haben die lange Karriere des Marius Müller-Westernhagen, der sich später nur noch griffig Westernhagen nennen lässt, über weite Strecken geprägt. Der spillrige Junge aus dem Ruhrgebiet wandelte sich zum modebewussten Armani-Rocker, der zum Auftritt zurück in die Jeans schlüpft. Den vermeintlichen RAF-Sympathisanten hat der Geheimdienst im Visier, später hängt ihm ein Bundespräsident das Verdienstkreuz um. Er verkauft Tickets für seine Stadiontouren in den 1990ern zu damaligen Höchstpreisen, um anschließend seinen Rückzug von solchen Super-Shows zu verkünden. Er gilt seinen Fans als Kumpeltyp, seine glamourösen Beziehungen bieten dem Boulevard jede Menge Stoff. Als Corona-Dissidenten seinen vielleicht bekanntesten Song auf Demos spielen, lässt er sich als Impf-Model ablichten und veröffentlichte diese „Freiheit“ auf Instagram.
Lesen Sie mehr in SCHALL. Nr. 32 (Herbst 2023).
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